Vielleicht kennst du folgende Situation:

Du bist dabei, eine Situation zu eruieren, eine Lösung für ein Problem oder die Antwort auf eine Frage zu finden. Doch dann reden und diskutieren alle Stimmen in deinem Kopf durcheinander und du weißt irgendwann gar nicht mehr, wo dir der Kopf steht. Und deiner Lösung bzw. deiner Antwort bist du kein Stück näher gekommen. Umso öfter passiert dies auch in Teams – worunter nicht zuletzt die Produktivität leidet, Innovationsgeist und Ideenreichtum auf der Strecke bleiben..

Deshalb möchte ich euch in meinem heutigen Blogartikel eine Methode vorstellen, die euch helfen kann, Ordnung ins Chaos zu bringen:

Die Walt-Disney-Methode

Es ist bei dieser Methode jedoch nicht so, wie der Name vermuten lässt: sie wurde nicht von Herrn Disney selbst erfunden. Der Name der Methode beruht vielmehr auf der Interpretation ihres eigentlichen Erfinders, Robert B. Dilts. Dilts ist ein bekannter NLP-Experte und großer Fan von Walt Disney’s Geschick und Talent dafür, Ideen zu finden und diese höchst erfolgreich in die Realität umzusetzen. Die Erfindung der Walt-Disney-Methode lässt sich auf das folgende Zitat von einem der Mitarbeiter Walt Disney’s zurückführen:

…tatsächlich gab es drei Walts: den Träumer, den Realisten und den Kritiker (there were actually three different Walts: the dreamer, the realist, and the critic)“

Ein Mitarbeiter von Walt Disney über seine Person

In der Annahme, dass genau diese verschiedenen Versionen seiner selbst ausschlaggebend für seinen Ideenreichtum und Erfolg waren, hat Dilts diese untersucht. Dabei hat er festgestellt, dass das besondere an Walt Disney nicht war, dass er diese Versionen in sich trug (denn das tun wir alle), sondern sein Umgang mit den „drei Walts“. Walt Disney hat sowohl dem Träumer, als auch dem Kritiker und dem Realisten in sich den nötigen Raum gegeben, ihre Ansicht, Gedanken und Bedenken zu äußern um so neue Sichtweisen und nicht selten auch großartige Ideen zu generieren.

Doch wie sieht die Walt-Disney-Methode jetzt konkret aus?

Die Disney-Methode ist eine Kreativitätstechnik, die auf dem Konzept des Rollenspiels basiert. Sie hat die einzelnen Rollen Träumer, Realist und Kritiker klar ausgearbeitet und zielt darauf ab, beim Betrachten eines Problems diese Rollen jeweils nacheinander einzunehmen. Hierdurch sollen neue Perspektiven eröffnet werden und so Wege zur möglichen Lösungsfindung geöffnet werden, die so vorher nicht bedacht wurden.

Das Einnehmen dieser verschiedenen Rollen zwingt die Teilnehmer, eine gewisse Zeit lang nur aus der Position dieser Rolle heraus zu sprechen, ohne andere Aspekte zu beachten und ohne in gewohnte Verhaltensmuster aus der eigenen Komfortzone zurückzufallen. Denn leider werden diese Rollen normalerweise viel zu oft vermischt – beim Träumen werden eigene Ideen bereits kritisiert oder man bremst beim Planen bereits dadurch aus, dass man an die viele Arbeit denkt.

Dieses Rollenspiel wird entweder in einer Gruppe / im Team, aber auch prima alleine angewendet (hierzu aber weiter unten mehr). Die Stationen können als Gruppe gemeinsam durchlaufen werden (und jeder hat zur gleichen Zeit die gleiche Rolle inne), oder ihr teilt euch auf und mehrere Personen nehmen gleichzeitig je eine Position ein.  In jedem Fall sollte jedes Gruppenmitglied jede Rolle mindestens einmal eingenommen haben.

Grenzt die einzelnen Rollen eindeutig gegeneinander ab. Also bitte nicht als Träumer schon Kritikpunkte ansprechen! Steigert euch in jede Rolle rein und nehmt NUR diese Rollen an. Wichtig ist auch, dass alle Teammitglieder wissen, um welches Problem bzw. um welches Ziel, das erreicht werden soll (z.B. finden einer neuen Dienstleistung) es konkret geht.

Mögliche Fragen für den Träumer

  • Was fällt mir Verrücktes und Ausgefallenes dazu ein?
  • Was wäre für mich wünschenswert?
  • Wie stelle ich mir die ideale Situation vor?
  • Was wäre schön?

Mögliche Fragen für den Realisten

  • Wie kann realisiert werden, was der Träumer sich ausgedacht hat
  • Was wird für die Umsetzung benötigt (Finanziell, Materiell, Wissen etc.)
  • Welche Voraussetzungen sind schon vorhanden?
  • Welche Schritte müssen erledigt werden?

Mögliche Fragen für den Kritiker

  • Halte ich das für machbar?
  • Was könnte schiefgehen? 
  • Was sind die Chancen und Risiken?
  • Wie finde ich den Vorschlag?
  • Was ist einfach nur Spinnerei?
  • Was wurde von den anderen Rollen nicht bedacht?

Mehrere Runden einbauen

Sofern es euch die Zeit erlaubt, ist es sinnvoll, mehrere Runden „zu drehen“. So haben die verschiedenen Positionen die Möglichkeit, in der nächsten Runde auf das Gesagte der Anderen, welches ja wiederum auf das von ihnen vorher Gesagte beruht, einzugehen. Das ermöglicht, tiefer in die Materie einzusteigen und so den Gestaltungsspielraum noch weiter zu öffnen. 

Wichtig: Auswertung der Ergebnisse

Wie bereits geschildert, führt diese Methode zunächst dazu, dass ein Problem aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet wird und diese Betrachtungen gesammelt werden. Zur ursprünglichen Methode gehört das Ableiten von Schlussfolgerungen und nächsten Schritten eigentlich nicht. Persönlich finde ich aber, dass die Durchführung sinnlos ist, wenn alle am Ende aufstehen und gehen, ohne, dass man sich die Zeit genommen hat, das Ergebnis zu evaluieren.

Sinnvoll ist die Erstellung einer Liste, in der ihr folgende Fragen beantwortet und mit Verantwortlichkeiten hinterlegt:

  • Welche Träumer-Ideen sollen weiter verfolgt werden?
  • Welche Kritiker-Anmerkungen müssen beachtet und berücksichtigt werden?
  • Welche Macher-Schritte sollten als nächstes angegangen werden?

Die Walt-Disney-Methode alleine anwenden

Wie ich oben schon erwähnt habe, kann man die Walt-Disney-Methode auch super mit sich alleine, aber auch im Coachingsetting, anwenden. Wie viele der Coachingmethoden, die ich nutze, zielt sie nämlich darauf ab, das, was im inneren der Person eigentlich schon an Information und Lösung vorhanden ist, nach außen zu tragen (zu Externalisieren). Dieses Trennen des Inhaltes von dem, der ihn hervorbringt schafft nicht nur eine Distanz, die die Dinge klarer sehen lässt, sondern eröffnet auch ungeahnte Möglichkeiten, Probleme und Unklarheiten aus eigener Kraft zu lösen.

Versuche es!

Suche dir zu Beginn doch mal etwas ganz Einfaches, wie wäre es mit:

„Was mache ich am kommenden Wochenende?“

Und wer weiß, auf welche tollen Ideen du Dank Walt Disney kommst?!