„Wieso und weshalb mache ich diesen Job überhaupt?“

Während noch vor etwa 30-40 Jahren die Antwort auf die Frage ganz klar ausgefallen wäre, nämlich aus Gründen der bloßen Existenzsicherung, hat sich dieser Denkansatz in den letzten Jahren sehr gewandelt. Zugegebenermaßen ist dies eine Frage, die ich mir schon sehr häufig in meinem Leben in diversen Situationen gestellt habe. Während es nach wie vor bestimmt genauso viele Menschen gibt, für die ihr tägliches Tun bei der Arbeit keinen tieferen Sinn ergeben muss, so gehöre ich doch definitiv zu der Gruppe Menschen, für die der Grad der Sinnstiftung meiner Arbeit eine große Rolle spielt.

Und damit bin ich nicht alleine – denn mittlerweile weiß man aufgrund diverser Studien, dass die Sinnstiftung der Arbeit zu den wichtigsten Voraussetzungen für langfristige Mitarbeitermotivation und -bindung gehört. Und auch zukünftig wird dies eine immer wichtigere Rolle spielen, weshalb du im folgenden Artikel erfahren wirst:

  • was „sinnstiftende Arbeit“ ist und wie sie entsteht
  • was passiert, wenn die Arbeit keinen Sinn (mehr) ergibt
  • wie Führungskräfte und Personaler sich diese Erkenntnisse zu Nutze machen können

Ich wünsche dir viel Spaß und viele Erkenntnisse beim Lesen und freue mich über deine Meinung und Anregungen im Kommentarfeld!

 

Was ist sinnstiftende Arbeit und wie entsteht sie?

Die Autorin Anne M. Schueller beschreibt dies auf ihrem Touchpoint-Blog sehr treffend:

„Wir alle sind als einzigartige Individuen mit einem mächtigen Gestaltungswillen geboren worden, um ein Leben voller Sinn zu führen – und nicht, um im Menschen-Schach verheizt zu werden. Sinn ist die ruhige, besonnene Schwester der Begeisterung.“

Vor allem (aber natürlich nicht nur) die Generation Y (1980 bis 1998 Geborene) hat sich in der heutigen Zeit dieser Sinnsuche angenommen – hohe Gehälter, sichere Jobs und einwandfreie Lebensläufe stehen nicht mehr an oberster Stelle in der Karriere. Arbeit und Leben sind nicht mehr nur zwei parallel existierende „Welten“, sondern sind eng miteinander zu vereinen, weshalb es mehr denn je um die Integration von Beruf, Beziehungen, Lebenszeit und letztendlich auch um die Suche nach dem Sinn geht. Die Frage: „Macht das, was ich hier tue einen Sinn?“ wird zum Indikator der aktuellen Zufriedenheit. Doch wie wird Sinn definiert?

Wie genau „entsteht“ dieser Sinn?

Natürlich definiert jeder selbst, wie (un-)sinnvoll ihm seine Arbeit erscheint. Manche sind komplett erfüllt, wenn sie in einem Beruf arbeiten können, in dem sie sich mit dem Produkt zu 100% identifizieren können, manche messen den Sinn ihrer Arbeit daran, wie viel sie für andere Menschen tun können. In diversen wissenschaftlichen Studien hat man herausgefunden, dass verschiedene Faktoren den Grad der Sinnstiftung beeinflussen. Anhand derer entscheidet der Bewertende, wie sinnhaft ihm seine Arbeit erscheint. Wichtig hierbei ist jedoch, zu verstehen, dass es nicht darauf ankommt, in welcher Position man beschäftigt ist oder wie viel Geld der Betreffende verdient. So kann eine Reinigungskraft genau so viel oder wenig Sinn in ihrer Arbeit sehen wie ein Top-Manager.

Wer schon einmal versucht hat, das Wort „Sinn“ zu definieren, wird festellen, dass es schier unmöglich ist, eine universelle Definition zu erhalten. Im Arbeitskontext kann man jedoch sagen, dass die folgenden drei Fragen des DGB-Index „Gute Arbeit“ des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) dabei helfen, dem Sinngehalt, den der Mitarbeiter empfindet, ein Gesicht zu geben und greifbar zu machen:

1. Haben Sie den Eindruck, dass Sie mit Ihrer Arbeit einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft leisten?

2. Haben Sie den Eindruck, dass Sie mit Ihrer Arbeit einen wichtigen Beitrag für Ihren Betrieb leisten?

3. Inwieweit identifizieren Sie sich mit Ihrer Arbeit?

Mit diesen Leitfragen schafft man es, ein Gefühl dafür zu bekommen, wie es um die Sinnhaftigkeit der jeweiligen Person im Rahmen seiner eigenen Definition von „Sinn“ bestellt ist. Die folgende Grafik stellt zudem die wichtigsten Einflussfaktoren auf die empfundene Sinnhaftigkeit der Arbeit dar.

Welche Faktoren beeinflussen die Sinnhaftigkeit meiner Arbeit?


Was  kann passieren, wenn Arbeit keinen Sinn (mehr) ergibt?

Es sind genau diese Faktoren, die das Sinnerleben der Mitarbeiter im Umkehrschluss in Windeseile auch zunichte machen können. Der Mitarbeiter von heute möchte wissen, dass er wichtig istNeben einem Mangel an Wertschätzung, überhöhter Bürokratie am Arbeitsplatz und dem Gefühl der ungerechten Behandlung spielt auch der Abgleich der Wertvorstellung eine wichtige Rolle. Merkt die betrachtende Person, dass die persönlichen Werte von denen, die der berufliche Kontext von ihm verlangt, zu leben, abweichen, so kommt es zu einer Sinnkrise, in der sich die Person fragt, ob und inwiefern sie sich noch an der richtigen Stelle aufhält. Im schlimmsten Fall kündigt die Person zunächst innerlich, verliert an Motivation und kann sich mit seiner Arbeitsstelle nicht mehr identifizieren. Viel zu oft wird eine solche Sinnkrise weder seitens der Führungskraft erkannt, noch vom Mitarbeiter selbst thematisiert, weshalb es infolgedessen zu einem „stillen Auseinanderleben“ (auch Entgrenzung genannt) kommt, welches dann unaufhaltbar erscheint. Im Rahmen der New Work Thematik wird dies auch „Sense Out“ genannt. Im gravierendsten Fall folgt dann die Kündigung des Mitarbeiters.

Welche Implikationen ergeben sich daraus für Führungskräfte & Personalverantwortliche?

An diesem Punkt wird es dann (sofern noch nicht zu spät) allerhöchste Eisenbahn für die Führungskraft, in den Dialog mit dem Mitarbeiter zu treten. Die Führungskraft im Namen des Unternehmens tritt hier ein Stück weit in die Rolle des „Sinngebers“.

Doch auch hier trennt sich oft die Spreu vom Weizen und die personalpolitischen Chancen in dieser Krise werden nicht erkannt.

Um frühestmöglich in diesen Prozess einzulenken, wird es zukünftig immer wichtiger werden, die Frage „Wie können wir deine Arbeit interessanter machen?“ dem Mitarbeiter bewusst und vor allem regelmäßigzu stellen. Und mal ehrlich – wie viele unter uns haben diese Frage schonmal gestellt bzw. gestellt bekommen? Leider wird in diversen Jahres-/Quartals- bzw. Monatsgesprächen lediglich darauf abgezielt, den Erfüllungsgrad der vorgegebenen Ziele zu diskutieren. Dabei könnte eine offene Diskussion einiges bewegen, verändern und vielleicht auch ungeahntes Potential zu Tage tragen. Hilfreich sind hierbei offene Fragen nach persönlichen sowie beruflichen Zielen sowie nach den empfundenen Hindernissen, die es ermöglichen, gemeinsam die Diskrepanzen zunächst zu erschließen und dann zu schließen.

Dies impliziert demnach für die Zukunft der Mitarbeitergespräche, dass der hauptsächliche Fokus auf die Frage

„In welchem Maße hat der Mitarbeiter die für seine Position vorgegebenen Aufgaben erfüllt?“

zukünftig auch die Frage nach dem

„Inwiefern fühlt sich der Mitarbeiter in seinen täglichen Aufgaben hinsichtlich seiner persönlichen Ziele und Bedürfnisse erfüllt?“

aufwerfen muss.

Natürlich muss dann auch im nächsten Schritt eine genaue Evaluierung des Gesagten stattfinden um zu schauen, wo bestimmte „Sinnangebote“ zur Vermeidung  bzw. Entgegenlenkung von Sinnkrisen implementiert werden können.

Doch nicht nur in den regelmäßigen Mitarbeitergesprächen sollte ein offener Dialog herrschen, sondern sollten auch weitere Instrumente geschaffen werden, die die Mitarbeiter dazu animieren, Teil von Entscheidungsprozessen zu sein und sich aktiv in die Gestaltung von Unternehmensprozessen einzubringen.

Fazit

Ein ständiges Hinterfragen der Sinnhaftigkeit der aktuellen Tätigkeit wird zukünftig immer mehr an der Tagesordnung liegen und bringt sowohl Herausforderungen, aber auch enorme Chancen mit sich. Diese Chancen gilt es, in der Zukunft zu nutzen.

Deshalb muss die Arbeitswelt der Zukunft den umdenkenden Generationen vor allem eines ermöglichen: durch Selbstbestimmung zu Selbstverwirklichung und Sinnstiftung gelangen, wie auch immer dies im individuelle Fall aussehen mag.

Wie wird diese Thematik in deinem Unternehmen behandelt und wie stehst du dazu?

Oder findest du es sinnlos, den Sinn der Arbeit mit einem derartigen Fokus zu unterstützen?

Ich freue mich auf dein Feedback und deine Gedanken zum Thema!